Die Zahlen der Verkehrsprognosen des Regierungspräsidiums Freiburg stammen von der Firma Rapp. Diese hat allerdings keine eigenen Verkehrszählungen vorgenommen, sondern stützt sich auf Zählungen der Stadt VS und des Landes, wobei die Stadt LKW und PKW nicht separat erfassen kann. Laut Regierungspräsidium sei dadurch eine „projekteigene Verkehrserhebung“ nicht mehr erforderlich. Außerdem sei in VS eine Haushaltsbefragung über das Verkehrsverhalten durchgeführt worden, aus der man Verkehrszahlen über den Ziel- und Quellverkehr und den Binnenverkehr gewonnen habe. Die Durchgangsverkehre – also die prognostizierten Verkehrszahlen für den Nordzubringer und die B33 – könnten aus den Verkehrszählungen von Stadt und Land und dem Verkehrsverhalten lt. Haushaltsbefragung abgeleitet werden. Unser Kommentar: Das ist eine zu schwache Basis für ein so teures Projekt!

Bei den Prognosen für das Jahr 2040 geht die Firma Rapp von großen Erhöhungen der Verkehrszahlen aus. Dabei fällt allerdings auf, dass bei verschiedenen Straßen merkwürdig große Unterschiede der Steigerungsraten angenommen werden: Zwischen Villingen und Obereschach um 24%, Villingen und Schwenningen um 20%, durch Nordstetten gar um über 80% und von Weilersbach zur jetzigen Anbindung an die B523 um über 70%. Die Zunahme des Verkehrs auf der B33 an Mönchweiler vorbei wird auf nur 6,7 % geschätzt – obwohl das Argument ja immer war, dass gerade der überregionale Verkehr stark zunehmen wird – und damit letztendlich auch der Weiterbau der B 523 begründet wurde und wird! Zudem ist das Ziel der Politik, dass der Straßenverkehr durch Stärkung der Bahn eher ab- als zunehmen soll (interner Link: Ziele statt Prognosen). 

Nach Angaben des Regierungspräsidiums Freiburg gibt es 5 Argumente für den „Lückenschluss“: (https://rp.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/RP-Internet/Freiburg/Abteilung_4/Referat_44/b523-ortsumfahrung-villingen-schwenningen/2022_12_15_B_523_OU-VS_Praesentation_Infomarkt.pdf)

Wir haben Gegenargumente, wie die folgende Gegenüberstellung zeigt.

Auf den 1. Punkt “Lückenschluss” im Bundesnetz für den überregionalen Verkehr gehen wir unten genauer ein.

Angeblicher Nutzen für den überregionalen Verkehr

Die geplante B523 (2. Bauabschnitt, Nordzubringer) hat laut Regierungspräsidium Freiburg überregionale Bedeutung, sie soll eine ergänzende Verbindung von der A5 über die B33 zur A81 werden. Aus diesem Grund hat der Bund so großes Interesse an dem Weiterbau, dass er das Vorhaben in den vordringlichen Bedarf aufgenommen hat.

Ob diese Ost-West-Verbindung tatsächlich die überragende überregionale Bedeutung haben könnte, lässt sich aus den Verkehrsprognosen des RP quantifizieren. Dazu werden folgende Werte aus der vom RP veröffentlichten Verkehrspinne herangezogen:

  1. Der erhoffte überregionale Verkehr müsste aus Richtung St. Georgen kommend auf die neue B 523 beim Mönchsee auffahren. Gemäß Spinne sind das 5.480 Fahrzeuge pro Tag (Fz/d). Das ist bezogen auf den Gesamtverkehr auf der B 523 (11.980 Fz pro Tag) ein Anteil von 46 %.
  2. Für die weiteren Berechnungen wird davon ausgegangen, dass die folgenden daraus resultierenden Verkehrsströme ebenfalls zu 46 % dem Verkehr aus St. Georgen zuzurechnen sind.
    Anmerkung: Das RP hat diesbezüglich leider keine entsprechende und dafür eigentlich nötige Verkehrszählung erhoben, aber die Größenordnung der mit diesem Prozentsatz ermittelten Verkehrszahlen kann damit so angenommen werden.
  3. Von den 11.980 Fz/d kommen letztendlich relativ wenige Fahrzeuge auf der A 81 an:
    1.690 Fz/d in Richtung Norden und 1.090 Fz/d in Richtung Süden – zusammen sind das 2.780 Fz/d auf der A 81. Von diesen Fahrzeugen können dann 46 % dem Verkehr aus St. Georgen zugeordnet werden: Das sind 1.279 Fahrzeuge Fz/d. Damit fahren weniger als 1.300 Fahrzeuge pro Tag auf der B 523, die dem überregionalen Verbindungsverkehr zwischen A5 und A 81 zugeordnet werden können.
Fz/d = Fahrzeuge pro Tag

Unser Fazit: Es fahren weniger als 1.300 Fahrzeuge pro Tag auf der geplanten B523, die dem überregionalen Verbindungsverkehr zwischen der A5 und der A 81 zugerechnet werden können. Es kann dem Steuerzahler nicht vermittelt werden, dass dafür Kosten von bis zu 100 Millionen € aufgebracht werden müssen.

Zum besseren Verständnis:
Zwei Grafiken veranschaulichen den vom Regierungspräsidium prognostizierten überregionalen Verkehr 2040