Es gibt in der Bundesrepublik Deutschland lt. Grundgesetz ein Grundrecht auf Klimaschutz bzw. auf Schutz vor den Folgen des Klimawandels, das gilt vor allem auch für die künftigen Generationen. Des weiteren gibt es ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz sowie Klimaschutzgesetze in den einzelnen Bundesländern. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung und die Stellungnahme der Verbände zeigen deutlich, dass der Weiterbau der B523 rechtlich nicht abgesichert ist.

1. Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Seit dem Jahre 2002 besagt Art 20a des Grundgesetzes, dass der Staat auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung schützt durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.

2. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2021

Das Bundesverfassungsgericht hat im Frühjahr 2021 das Klimaschutzgesetz als in Teilen verfassungswidrig erklärt und entschieden, dass es ein Grundrecht auf Klimaschutz bzw. auf Schutz vor den Folgen des Klimawandels gibt. Politiker und Behörden auf allen Ebenen von Bund und Ländern müssen ihre Entscheidungen viel klarer am Pariser Klimaschutzabkommen (2015) orientieren. Beim Straßenbau müssten alle Emissionen berücksichtigt werden, dazu gehören der zusätzliche Verkehr auf einer neuen Straße, die Produktion von Beton und Asphalt, von Materialien für Brücken und Leitplanken, der Straßenbau selbst usw.

3. Das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg

Am 1. Februar 2023 hat der Landtag das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg verabschiedet, nachdem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, dass auch die Länder zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung verpflichtet sind. Die Klimapolitik des Landes orientiert sich dabei an den Klimaschutzzielen für 2030 und 2040.
Zum Nachlesen: https://um.baden-wuerttemberg.de/de/klima/klimaschutz-in-bw/klimaschutz-und-klimawandelanpassungsgesetz-baden-wuerttemberg

4. Das Landesinformationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg (LIFG)

Seit 2016 gibt es das sogenannte Landesinformationsfreiheitsgesetz Baden-Württemberg (LIFG), nach dem die Bürgerinnen und Bürger des Landes freien Zugang zu den vorhandenen Informationen aller öffentlichen Stellen haben. Ausnahmen: Informationen mit schutzwürdigem öffentlichen oder privaten Interesse. Die Antragsteller müssen nicht begründen, warum sie bestimmte Informationen wünschen, die Verwaltung ihrerseits muss die Informationen herausgeben oder gesetzlich festgelegte Gründe für eine Weigerung nennen.
Weitere Informationen unter:
https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/informationsfreiheit/
https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/jlr-InfFrGBWrahmen/part/X

5. Das Umweltverwaltungsgesetz (UVwG)

2015 ist das “Gesetz zur Vereinheitlichung des Umweltverwaltungsrechts und zur Stärkung der Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung im Umweltbereich” in Kraft getreten. Darin verpflichtet sich das Land u. a., die “Öffentlichkeit bei besonders umweltbedeutsamen Vorhaben frühzeitig zu beteiligen”. Quelle:
https://um.baden-wuerttemberg.de/de/presse-service/umweltrecht/teilhabe-am-umweltschutz/gesetzliche-grundlagen/umweltverwaltungsgesetz

6. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung

Das wichtigste Kriterium für oder gegen ein neues Straßenbauprojekt ist die Wirtschaftlichkeitsberechnung, die im Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV) dargestellt wird. Der wirtschaftliche Nutzen einer neuen Straße wird ins Verhältnis zu den Baukosten, dem Landschaftsverbrauch usw. gesetzt. Der Wert, der für den Nordzubringer – sprich den 2. Bauabschnitt der B523 – berechnet wurde, liegt je nach Jahr und Auftraggeber zwischen 7,2 und unter 1,0. Im Jahr 2023 kommt man realistischerweise auf Baukosten von über 100 Millionen Euro (incl. Brücken, Überführungen etc.). Damit läge das Nutzen-Kosten-Verhältnis unter dem Wert von 1 und das Projekt dürfte nicht realisiert werden.
Genaue Angaben kann man auf dieser Homepage nachlesen unter: Nutzen-Kosten-Verhältnis

7. Stellungnahme von NABU Landesverband Baden-Württemberg, BUND Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg, Landesnaturschutzverband von Baden-Württemberg, BLHV Kreisverband Villingen, VCD Südbaden, Bürgerinitiative NORDZUBRINGER NEIN DANKE und Bürgerinitiative Pro Mönchweiler

In dieser Stellungnahme (siehe Videos & Downloads & Links) wird klar ausgedrückt, dass die “Vorplanungen zum Lückenschluss der B523… in eklatanter Weise gegen die bundespolitischen Ziele zum Klimaschutz” verstoßen. Das Fazit dieser Stellungnahme sieht so aus:
“Die vorgelegte Straßenplanung
➣ erreicht ihre selbstgesteckten Verkehrsziele nicht,
➣ missachtet die politischen Ziele des Klimaschutzes, der Co2-Reduzierung und des Flächensparens,
➣ stellt eine hohe Beeinträchtigung der örtlichen regionalen Bevölkerung dar, ohne nennenswerte Vorteile zu bringen,
➣ entzieht der Landwirtschaft massiv Fläche,
➣ stellt für viele Arten eine existenzielle Bedrohung dar,
➣ und steht in keinem vertretbaren Nutzen-Kosten-Verhältnis”.

8. Die Aarhus-Konvention – Beteiligungsrechte im Umweltschutz

Das Umweltbundesamt hat in der Broschüre „Was bringt die Aarhus-Konvention?“ die Beteiligungsrechte von einzelnen Bürgerinnen und Bürgern und von Umweltverbänden allgemein verständlich zusammengefasst. Im Vorwort zu dieser Broschüre heißt es: „Sie als Bürgerinnen und Bürger können auf Entscheidungen über Projekte, die auf die Umwelt einwirken, Einfluss nehmen, Ihre Bedenken äußern und damit Sprachrohr für die Umwelt sein. Effektiver Umweltschutz verlangt daher, dass die Bürgerinnen und Bürger auch angehört und vor umweltrelevanten Entscheidungen … wirksam einbezogen werden.“
Die „Aarhus-Konvention“, 2021 in Kraft getreten, ist ein völkerrechtlicher Vertrag mit dem Ziel, die Beteiligung der Zivilgesellschaft für umweltschutzrechtliche Belange in ganz Europa zu stärken. Die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten sind dieser Konvention beigetreten. Sie fußt auf drei Säulen: 


1️⃣  Freier Zugang zu Umweltinformationen
Zu den Umweltinformationen gehören z. B. Daten über den Zustand der Umwelt, über Umweltfaktoren wie Lärm oder Emissionen, und Informationen über umweltbelastende Maßnahmen wie Straßenprojekte. Auskünfte müssen alle Behörden auf Bundes-, Länder- und Gemeindeebene geben sowie private Firmen, wenn sie in öffentliche Projekte mit Umweltbezug eingebunden sind. Der Antrag zum Zugang der Umweltinformationen kann mündlich, schriftlich, per Mail usw. gestellt werden und muss in einfachen Fällen nach 1 Monat beantwortet werden (eine Fristverlängerung auf 2 Monate ist in schwierigen Fällen möglich).

2️⃣  Öffentlichkeitsbeteiligung
Die Beteiligung der Öffentlichkeit soll dafür sorgen, dass die Umweltbelange gebührend berücksichtigt werden. Es wird ausdrücklich festgehalten, dass zur Öffentlichkeit Bürgerinnen und Bürger, aber auch Vereinigungen wie Bürgerinitiativen und Umweltverbände oder auch Sport- und Kulturvereine gehören. Beim Bau einer Straße gibt es ein spezielles Genehmigungsverfahren, das Planfeststellungsverfahren, in das die Öffentlichkeit einbezogen werden muss. Anerkannte Naturschutzvereinigungen haben besondere Mitwirkungsmöglichkeiten. Projekte wie der Bau neuer Straßen müssen bezüglich ihrer Auswirkungen auf die Umwelt untersucht werden (Strategische Umweltprüfung). Damit soll erreicht werden, dass Umweltauswirkungen frühzeitig erkannt und der Öffentlichkeit übermittelt werden.

3️⃣  Zugang zu Gerichten
Die Aarhus-Konvention garantiert. „dass man die Rechte auf „Zugang zu Umweltinformationen und Beteiligung an besonders umweltrelevanten Entscheidungen notfalls auch gerichtlich durchsetzen kann” und “unter bestimmten Voraussetzungen können Bürgerinnen und Bürger sowie anerkannte Umweltvereinigungen dafür sorgen, dass umweltrelevante Handlungen und Unterlassungen von Behörden und Privaten auf ihre Übereinstimmung mit gesetzlichen Vorgaben überprüft werden“ (Broschüre „Was bringt die Aarhus-Konvention?“ S. 31). Die Aarhus-Konvention fordert, dass eine Klage vor Gericht nicht so teuer sein darf, dass wirtschaftlich Schwächere oder auch Umweltverbände vor einer Klage zurückschrecken. Feste Kostensätze für Klagen vor dem Verwaltungsgericht machen eine Klage finanziell überschaubar.

Link zum Umweltbundesamt:
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/publikationen/2018_05_18_uba_fb_aarhuskonvention_bf.pdf