Die vom RP vorgeschlagene Trassenführung findet die Zustimmung der Stadt VS

In einer Pressemitteilung vom 1. August 2025 informiert das Regierungspräsidium Freiburg über den Vorschlag für die „Vorzugsvariante der Ortsumfahrung Villingen-Schwenningen“. Darin heißt es, dass man sich aus Kostengründen dafür entschieden habe, die (neue) B523 untergeordnet mit einem „halben Kleeblatt“ an die B33 anzuschließen. Außerdem soll die Trasse südlich der „Alten Ziegelei“ verlaufen.

In einem großen Artikel im Schwarzwälder Bote vom 08.08.2025 mit der Überschrift „Viele Vorteile mit Schönheitsfehlern“ zeigt die Redakteurin Cornelia Hellweg, wie zufrieden die Stadt Villingen-Schwenningen mit dem vorgeschlagenen Trassenverlauf ist, da diese Trassenführung aus Sicht des Oberzentrums „vor allem Vorteile“ bringe. Die Stadt VS begrüße das „Vorhaben einer Ost-West-Verbindung durch den Lückenschluss“, weil dadurch bestehende Straßen entlastet würden, z. B. der Nordring, und die „städtebauliche Entwicklung im Zentralbereich der Stadt“ – genannt werden der Lämmlisgrund, die Salzgrube und das Umfeld des geplanten Freizeitbads – begünstigt würden. Die Stadt gehe davon aus, dass mit der Anbindung der B523 an die B33 im Sinne einer „Netzfunktion als großräumige Ost-West-Verbindung“ nicht nur Villingen-Schwenningen, sondern auch angrenzende Kommunen und Landstraßen entlastet würden. In vier Sätzen erwähnt Frau Hellweg am Schluss noch, dass der BUND, Fridays for Future und die Bürgerinitiative „Nordzubringer“ (eigentlich NORDZUBRINGER NEIN DANKE) angemerkt hätten, dass „umweltschutz- und artenrechtliche Bedenken“ noch nicht ausgeräumt seien, die Trasse bei der „Alten Ziegelei“ am nächsten an den Wohngebieten Haslach und Wöschhalde vorbeiführen würde und dass die Gesamtkosten zu hoch seien. (Alle Zitate: „Viele Vorteile mit Schönheitsfehlern“, Schwarzwälder Bote, 08.08.2025).


Einspruch!

Der Artikel mit der Überschrift „Viele Vorteile mit Schönheitsfehlern“ und die Behauptung im Untertitel, dass der Weiterbau der B523 aus Sicht des Oberzentrums vor allem Vorteile bringe, könnte von der PR-Abteilung des Oberzentrums nicht besser geschrieben werden. Dazu wird ein Foto mit einer Autoschlange präsentiert, das suggerieren soll, dass die Verkehrsprobleme in VS mit diesem Straßenbauprojekt gelöst werden können.

All dem muss heftig widersprochen werden:

1. Die von der Stadt für die Verkehrsplanung beauftragte Firma Rapp, die auch für das Regierungspräsidium Freiburg tätig ist, hat in einem Bericht vom September 2023 festgehalten, dass der meiste Verkehr in VS hausgemacht und der Nutzen eines „Lückenschlusses“ für die innerstädtische Entlastung gering sei. Eine Entlastung des Nordrings wird es demnach nicht geben. Und dass die städtebauliche Entwicklung im Zentralbereich (Lämmlisgrund, Salzgrube plus Umfeld des geplanten Freibades) „deutlich begünstigt“ werde, ist Wunschdenken. Der Zentralbereich wird nicht an die neue B523 angeschlossen, es ist wohl noch nicht überall angekommen, dass das Regierungspräsidium alle Zu- und Abfahrten des Straßenprojekts gestrichen hat.

2. Die „kleinen Schönheitsfehler“ werden in den Unterlagen des RP nicht verschwiegen, denn es heißt im „Erläuterungsbericht“ zu den gewählten Trassenvarianten, dass an der Zusammenführung von B33 und B523 die größten Umweltbeeinträchtigungen in Bezug auf den Artenschutz zu bewältigen seien. In diesem Bereich befinden sich die Natur- und Landschaftsschutzgebiete Mönchsee-Weiherwiesen mit vielen schützenswerten Tieren und Pflanzen. Ein weiterer „kleiner Schönheitsfehler“ wird durch die Trassenführung südlich der „Alten Ziegelei“ offenbar in Kauf genommen: Diese Trasse würde so nah an die Wohngebiete heranreichen, dass sie bereits im Jahr 2005 bei der Umweltverträglichkeitsprüfung „durchgefallen“ ist. Durch den Weiterbau nimmt man die Zerstörung eines Naherholungsgebiets für über 6000 Einwohner im Wohngebiet Haslach-Wöschhalde, eine zusätzliche Lärmbelastung und die Versiegelung großer Flächen in Kauf. Kleine Schönheitsfehler?

3. Viele Jahre wurden die Kosten entsprechend den Angaben im Bundesverkehrswegeplan 2030 mit 25,9 Millionen Euro angegeben und einem Nutzen-Kosten-Faktor von 3,1. Jetzt kommt das RP Freiburg bei der favorisierten Trasse auf Gesamtkosten von 78,69 Millionen Euro und auf einen Nutzen-Kosten-Faktor von 1,3. Dazu muss man wissen, dass ein Straßenprojekt einen größeren Faktor als 1 haben muss, um noch als wirtschaftlich zu gelten. Der Faktor 1,3 schrammt schon jetzt knapp an der Wirtschaftlichkeit des Projekts vorbei. Die Baupreise steigen jährlich um mehr als 5 % (das wären für die B523 jährlich rund 4 Millionen Euro). Die Kosten für die Bewältigung der Altlasten bei der Deponie „Biswurm“ und der „alten Ziegelei“ sind noch nicht ansatzweise beziffert. Sie kämen aber zu den knapp 79 Millionen Euro dazu, der Nutzen-Kosten-Faktor würde aller Wahrscheinlichkeit nach unter den Wert von 1,0 sinken. Zudem hat der Umweltverband Transport & Environment (T&E) – die Dachorganisation von über 50 nichtstaatlichen europäischen Organisationen – in einer Studie vom Oktober 2023 das Projekt „Weiterbau B523“ als nicht wirtschaftlich eingestuft. T&E kommt in dieser Studie auf einen Nutzen-Kosten-Faktor von 0,1.

4. Die Mär von den Vorteilen einer großräumigen Ost-West-Verbindung trifft auf die harte Realität von Geschwindigkeitsbeschränkungen bei Mönchweiler oder St. Georgen sowie von der kurvenreichen und engen Straßenführung im Raum Triberg und Hornberg. Alle Autofahrer, die mit hoher Geschwindigkeit die rund 6 km lange B523 neu „genossen“ haben, werden also schnell ausgebremst. Die Ost-West-Verbindung besteht schön längst, u. a. im Raum Bad Dürrheim. Dort müsste endlich der ampelgesteuerte und Staus produzierende Knotenpunkt B27/B33 straßenplanerisch verbessert und ausgebaut werden, bevor man in Zeiten des Klimawandels derart massive Eingriffe in die Natur vornimmt.

Fazit: „Viele Vorteile mit Schönheitsfehlern“ ist wohl kaum die passende Überschrift für ein gigantisches Straßenbauprojekt mit geringem Nutzen und hohen Kosten. Dieses Geld sollte eher für die Sanierung bestehender Straßen und Brücken sowie für die Modernisierung des Schienennetzes ausgegeben werden.

Max Bammert, Villingen