Der Weiterbau der B523 passt nicht in das Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Mönchsee-Weiherwiesen“ als Teil des Naturschutzgroßprojekts Baar (NGP Baar)
Basis-Informationen
➣ Im März 2012 hat das Regierungspräsidium Freiburg das Gebiet Mönchsee-Weiherwiesen (auf der Gemarkung Villingen-Schwenningen und Mönchweiler) durch Verordnung als Natur- und Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.
➣ Im Jahr 2013 wurde das Naturschutzgroßprojekt Baar (NGP Baar) mit einer Planungsphase bis 2017 gestartet, an die sich eine zehnjährige Umsetzungsphase anschließt. „Seit 2018 setzt das Naturschutzgroßprojekt Baar in 17 Fördergebieten auf einer Fläche von insgesamt 4.289 Hektar Maßnahmen zur Biotoppflege um.“ Das NPG Baar reicht von Königsfeld im Norden bis Blumberg im Süden und Geisingen im Osten – darunter ist das Naturschutzgebiet Mönchsee – und hat seine Geschäftsstelle im Umweltzentrum auf der Möglingshöhe in VS-Schwenningen. .Das Naturschutzgroßprojekt Baar ist eins von aktuell rund 20 geförderten NGPs in Deutschland. (Quelle: https://www.lrasbk.de/?object=tx%7c2961.5&ModID=255&FID=2961.21227.1)
➣ Auf der Website zum Naturschutzgroßprojekt Baar (NGP Baar) heißt es als Ziel, dass die „Wald-, Trocken- und Feuchtlebensräume für den Arten- und Biotopschutz und den Biotopverbund“ zu sichern sind. Mit Stolz wird erwähnt, dass das NGP Baar 2023 vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) und vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) als hervorragendes Beispiel im „UN-Dekade-Projektwettbewerb“ ausgezeichnet wurde. In diesem Wettbewerb werden „aktuelle, repräsentative Projekte zur Wiederherstellung, Erhaltung oder Pflege von Ökosystemen“ ausgezeichnet. „Das NGP wurde als besonders positiver Beitrag zur Erhaltung und Wiederherstellung von Ökosystemen der Moore und Feuchtgebiete und ihrer biologischen Vielfalt gewertet.“ (Quelle: https://www.ngp-baar.de/projekt/)
Aktuelle Informationen
Ende Juni 2024 fand der „7. NGP-Tag“ statt – auch diesmal war die Öffentlichkeit dazu eingeladen, sich über die Arbeit des Naturschutzgroßprojektes Baar zu informieren. Der Schwarzwälder Bote wählte in einem Artikel vom 18.06.2024 den Titel: „Einblick in natürliches Vorzeigeprojekt“. In diesem Artikel heißt es weiter: „Aufgabe von Naturschutzgroßprojekten ist es, besonders schützenswerten Tieren und Pflanzen ihren Lebensraum zu sichern und ihnen die Möglichkeit zu schaffen, sich besser auszubreiten.“ Der SÜDKURIER informierte am 24.06.2024 unter dem Titel „So positiv läuft das Naturschutzgroßprojekt“ über gegenwärtige Maßnahmen der überregionalen Biotopvernetzung und des Artenschutzes. Wenn dann noch darauf hingewiesen wird, dass dies „gerade in den Zeiten des Klimawandels“ immer mehr an Bedeutung gewinne, dann können wir von der Bürgerinitiative NORDZUBRINGER NEIN DANKE nur zustimmen. Gleichzeitig fragen wir uns, warum im Nordwesten des Naturschutzgroßprojekts Baar mit anderen Maßstäben gemessen wird und sich keine Stimme bei den Verantwortlichen in Politik oder Verwaltung erhebt gegen das überdimensionierte Straßenprojekt „Weiterbau der B523“ direkt an einem Naturschutzgebiet und durch ein Landschaftsschutzgebiet.
Die Verordnung zum Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Mönchsee-Weiherwiesen“
Für jedes Naturschutzgebiet gibt es eine spezielle Rechtsverordnung, die nur für dieses Gebiet gilt. In der Verordnung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 26. März 2012 über das Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Mönchsee-Weiherwiesen“ (https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/VB-BW-AD-GBl2012-6-201) wird als „Schutzzweck“ die „Erhaltung des Mönchsees und seiner Umgebung“ ausgewiesen, u. a. „als Lebensraum zahlreicher seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten“.
In einem Naturschutzgebiet (NSG) soll die Natur unberührt erhalten bleiben, in einem Landschaftsschutzgebiet sollen die Flächen geschützt werden durch Einschränkungen der Land- und Forstwirtschaft und durch genau definierte Verbote. Das Landschaftsschutzgebiet (LSG) Mönchsee-Weiherwiesen wird beschrieben als „Abhängiges LSG zum NSG Mönchsee-Weiherwiesen zur Sicherung des NSG vor Beeinträchtigungen, zur ökologischen Vernetzung der NSG-Teilflächen und zur Erhaltung von Wiesenflächen u.a. Strukturen.“
Ausführlich werden in der Verordnung alle Verbote und Erlaubnisvorbehalte für das Naturschutzgebiet und für das Landschaftsschutzgebiet aufgeführt.
In der Verordnung des RP vom März 2012 wird unterschieden zwischen Naturschutzgebiet und Landschaftsschutzgebiet. Die Tabelle enthält wichtige Teile dieser Verordnung:
Naturschutzgebiet | Landschaftsschutzgebiet | |
Größe | 35 ha | 34 ha |
Geograph. Lage | Gemeinde Mönchweiler, Stadt VS: Mönchsee und seine unmittelbare Umgebung, Großteil der nördlich angrenzenden Weiherwiesen und zwei östlich davon gelegene isolierte Teilflächen | Gemeinde Mönchweiler, Stadt VS: Grenzt als Pufferzone an die Teilflächen des NSG und umfasst weitere nördlich angrenzende Bereiche |
Schutzzweck | § 3: Erhaltung des Mönchsees und seiner Umgebung als arten- und strukturreiches Mosaik aus Wiesen… und als Lebensraum seltener und gefährdeter Tier- und Pflanzenarten | § 6: Sicherung des NSG vor Beeinträchtigung aus der unmittelbaren Umgebung, ökologische Vernetzung der Teilflächen des NSG, Erhaltung von Wiesenflächen, Erhaltung der Arten und ihrer Lebensräume entsprechend der Vogelschutzrichtlinie |
Verbote | Verboten nach § 4 sind alle Handlungen, „die das Gebiet, seinen Naturhaushalt oder einzelne seiner Bestandteile zerstören, beschädigen, verändern oder nachhaltig stören können“. Es ist z. B. verboten, ➣ wild lebende Pflanzen zu beschädigen oder zu entnehmen ➣ wild lebende Tiere zu fangen oder in ihrer Entwicklung zu stören ➣ Hunde frei laufen zu lassen ➣ bauliche Maßnahmen durchzuführen ➣ Straßen, Wege, Plätze oder sonstige Verkehrsanlagen anzulegen ➣ Maßnahmen durchzuführen, die den Wasserhaushalt verändern ➣ Plakate, Bild- oder Schrifttafeln aufzustellen ➣ die Bodengestalt zu verändern (insbes. durch Abgrabungen und Aufschüttungen) ➣ Wege zu verlassen oder mit Fahrrädern außerhalb befestigter Wege zu fahren ➣ das Gebiet mit motorisierten Fahrzeugen aller Art zu befahren ➣ im Mönchsee zu baden | Verboten nach § 7 sind alle Handlungen, die den Charakter des LSG verändern, z. B. durch ➣ Schädigung des Naturhaushalts ➣ Nachhaltige Störung der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter ➣ Änderung der Flächennutzung auf Dauer ➣ Nachhaltige Änderung des Landschaftsbilds ➣ Beeinträchtigung des Naturgenusses oder des besonderen Erholungswertes der Landschaft |
Erlaubnis-vorbehalte und zulässige Handlungen | Siehe § 5 der Verordnung: Zulässige Handlungen für die landwirtschaftliche und forstwirt- schaftliche Bodennutzung, für die Ausübung der Jagd und der Fischerei | Siehe § 8 und insbesondere § 9Abs. 1 Nr. 3: „Die Verbote und Erlaubnisvorbehalte gelten nicht für … den Bau des Anschlusses des neu zu bauenden Autobahnzubringers B523 (Villingen-Nord) an die B33 südlich des Mönchsees im Bereich des Land-schaftschutzgebietes im Einvernehmen mit der höheren Naturschutzbehörde.“ |
Allgemeine Informationen der Regierungspräsidien Baden-Württemberg über Naturschutzgebiete und Informationen des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) über Landschaftsschutzgebiete:
1. Information der Regierungspräsidien Baden-Württemberg über Naturschutzgebiete:
„Naturschutzgebiete – hier hat die Natur Vorrang
Schützen und bewahren als oberstes Ziel!
Gebiete, in denen ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder zur Erhaltung von Lebensstätten, Biotopen oder Lebensgemeinschaften bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten notwendig ist, werden als Naturschutzgebiete gesichert. Nach § 23 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) können Naturschutzgebiete auch wegen der Seltenheit, besonderen Eigenart oder hervorragenden Schönheit von Natur und Landschaft ausgewiesen werden. So sollen die wertvollsten und wichtigsten Biotope eines Naturraums erhalten werden. Insbesondere die gefährdeten Tier- und Pflanzenarten finden in Schutzgebieten Rückzugsräume für eine möglichst ungestörte Entwicklung. Die Ausweisung von Naturschutzgebieten erfolgt durch die höheren Naturschutzbehörden per Rechtsverordnung.
Ein Naturschutzgebiet ist nach dem Nationalpark die strengste Schutzform, die das Naturschutzgesetz vorsieht. Für jedes Naturschutzgebiet gelten individuelle Regelungen, die in einer speziellen Rechtsverordnung festgelegt sind.“
Quelle: https://rp.baden-wuerttemberg.de/themen/natur/naturschutzgebiete/
2. Information des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) über Landschaftsschutzgebiete
Landschaftsschutzgebiete (LSG) sind rechtsverbindlich festgesetzte Gebiete, in denen nach § 26 Abs. 1 BNatSchG „ein besonderer Schutz von Natur und Landschaft erforderlich ist.
1. zur Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes oder der Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Nutzungsfähigkeit der Naturgüter,
2. wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft oder
3. wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung.“
Informationen der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg zum Naturschutzgebiet Mönchsee-Weiherwiesen:
3.282 Mönchsee-Weiherwiesen
Art des Schutzgebietes | Naturschutzgebiet |
Schutzgebiets-Nr. | 3.282 |
Name | Mönchsee-Weiherwiesen |
Kreis / Flächenanteil(e) in ha | Schwarzwald-Baar-Kreis / 34.7 |
Gemeinde | Mönchweiler Villingen-Schwenningen |
Fläche (ha) | 34,7 |
Naturraum | Mittlerer Schwarzwald |
Melde-/ Verordnungsdaten (Datum der Sicherstellung/ Verkündung in) | 26-MAR-12 / GBl. vom 19.04.2012 |
Partnerschutzgebiet | LSG 3.26.027 Mönchsee-Weiherwiesen |
Kurzbeschreibung | Arten- und strukturreiches Mosaik aus Wiesen (insb. Feucht- und Nasswiesen), Großseggenrieden, Röhrichten, Magerrasen, Hochstaudenfluren, Gewässern u.a.; Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet für gefährdete Vogelarten |
Die roten Flächen gehören zum Naturschutzgebiet Mönchsee-Weiherwiesen
Quellen: Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung: LGL, www.lgl-bw.de und
Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg
Informationen der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg zum Landschaftsschutzgebiet Mönchsee-Weiherwiesen:
3.26.027 Mönchsee-Weiherwiesen
Art des Schutzgebietes | Landschaftsschutzgebiet |
Schutzgebiets-Nr. | 3.26.027 |
Name | Mönchsee-Weiherwiesen |
Kreis / Flächenanteil(e) in ha | Schwarzwald-Baar-Kreis / 34.1 |
Gemeinde | Mönchweiler Villingen-Schwenningen |
Fläche (ha) | 34,1 |
Naturraum | Mittlerer Schwarzwald |
Melde-/ Verordnungsdaten (Datum der Sicherstellung/ Verkündung in) | 26-MAR-12 / GBl. vom 19.04.2012 |
Partnerschutzgebiet | NSG 3.282 Mönchsee-Weiherwiesen |
Kurzbeschreibung | Abhängiges LSG zum NSG „Mönchsee Weiherwiesen“ (siehe dort) zur Sicherung des NSG vor Beeinträchtigungen, zur ökologischen Vernetzung der NSG-Teilflächen und zur Erhaltung von Wiesenflächen u.a. Strukturen. |
Quellen: Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung:LGL, www.lgl-bw.de und
https://rips-dienste.lubw.baden-wuerttemberg.de/rips/ripsservices/apps/naturschutz/schutzgebiete/select.aspx
Die grünen Flächen auf der folgenden Karte gehören zum Landschaftsschutzgebiet Mönchsee-Weiherwiesen:
Die Aushebelung der Verordnung mit dem Ziel des Weiterbaus der B523
In § 7 der Verordnung wird unter „Verbote im Landschaftsschutzgebiet“ festgehalten, dass alle Handlungen verboten sind, „die den Charakter des Gebietes verändern oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen“ und das Landschaftsbild nachhaltig ändern. Im § 9 der Verordnung kommt dann der Rückwärtssalto unter der Überschrift „Zulässige Handlungen im Landschaftsschutzgebiet“: Die Verbote gelten nicht für „den Bau des Anschlusses des neu zu bauenden Autobahnzubringers B523 (Villingen-Nord) an die B33 südlich des Mönchsees im Bereich des Landschaftsschutzgebietes im Einvernehmen mit der höheren Naturschutzbehörde“. (§ 9 Abs. 1 N3. 3) – diese höhere Naturschutzbehörde ist unter „Referat 56 Naturschutz und Landschaftspflege“ beim Regierungspräsidium Freiburg angesiedelt!
Und das Regierungspräsidium Freiburg weist bei den Ergebnissen der „Online-Beteiligung zur B523 Ortsumfahrung Villingen-Schwenningen (Lückenschluss)“ auf S. 72 genau auf diesen Paragraphen der Verordnung hin: „So nimmt § 9 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung des Natur- und Landschaftsschutzgebietes „Mönchsee-Weiherwiesen“ explizit den Bau der B523 von den Verboten aus. Mit dem Bau der B523 in diesem Bereich werden daher keine Verbotstatbestände hinsichtlich des LSG ausgelöst.“
(Quelle: https://rp.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/RP-Internet/Freiburg/Abteilung_4/Referat_44/b523-ortsumfahrung-villingen-schwenningen/Protokoll_InfomarktOnlineBeteiligung_B523.pdf)
Umweltfachliche Untersuchungen der vom RP beauftragten Firma Baader Konzept werden zeigen, dass in diesem Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiet gefährdete Tierarten leben, die mit großer Wahrscheinlichkeit und großem Aufwand ein Umsiedeln o.ä. erforderlich machen. Sobald die Ergebnisse dieser umweltfachlichen Untersuchungen veröffentlicht sind, werden wir sie auf unserer Homepage ausführlich vorstellen.
Fazit
In diese Natur- und Kulturlandschaft, die „sowohl national als auch international extrem wertvoll für den Naturschutz ist“ (Quelle: Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis, Naturschutzgroßprojekt Baar lädt ein), darf also gemäß der Verordnung des Regierungspräsidiums Freiburg aus dem Jahre 2012 für das Natur- und Landschaftsschutzgebiet Mönchsee-Weiherwiesen eine Bundesstraße neu gebaut werden! Die Bürgerinitiative dürfte hier nicht einmal ein Plakat gegen dieses Natur zerstörende Straßenprojekt aufstellen! Im Jahr 2024 müsste allen Verantwortlichen bewusst sein, dass wir auf die nächsten Klimakatastrophen zusteuern, wenn wir das Ziel Klimaschutz nicht endlich ernst nehmen.
Einfach ausgedrückt in der Sprache von Spielkarten:
♠️ Auto schlägt Natur.
♣️ Straße sticht seltene Tiere und Pflanzen.
♦️ Die Natur gibt ihr Kontra in Form von Überschwemmungen, Unwetter, Dürren, Hitzeperioden…
♥️ Mensch und Natur sind die Verlierer des Spiels.
Wir haben alle wesentlichen Gesichtspunkte in einem Flyer zusammengefasst: